Der Ballhausplatz ist Österreichs Zentrum der Macht. Er verbindet Bundeskanzleramt, Hofburg und Innenministerium, ist kurzum das Ziel aller aufstrebenden Entscheidungsträger:innen. Durch Ex-Kanzler Sebastian Kurz und sein „Projekt Ballhausplatz“ wurde die noble Adresse aber auch zum Synonym für Deals hinter verschlossenen Türen – und geheimen Chats auf höchster Ebene.
Unser neuer Newsletter „Ballhausplatz“ soll diese Pforten öffnen: Einmal die Woche chatten wir an diesem Ort in aller Öffentlichkeit mit Politiker:innen und Expert:innen.
Schön, dass Sie dabei sind.
Geheimes Tape mit öffentlichem Nachspiel
Wie so oft in Österreichs Politik überschlagen sich die Ereignisse: Eine Handy-Aufnahme eines Verstorbenen hält die Republik in Atem. Der im Oktober überraschend verstorbene frühere Generalsekretär des Justizministeriums, Christian Pilnacek, hatte im Juli in kleiner Runde über hochrangige Vertreter der Volkspartei hergezogen.
In dem heimlich aufgenommenen Gespräch erklärt Pilnacek, ÖVP-Minister hätten von ihm die Einstellung von Ermittlungen und andere Eingriffe in die Justiz verlangt. Er sei dem aber nie nachgekommen und hätte stets gesagt: „Ich kann nichts tun. Ich mache auch nix. Das ist alles rechtswidrig.“
Unschuldsvermutung
Konkret soll die frühere Justizministerin Beatrix Karl im Auftrag der ÖVP vergeblich versucht haben, Pilnacek zu Interventionen in das Telekom-Verfahren zu bewegen. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka soll Pilnacek später regelmäßig vorgeworfen haben, Hausdurchsuchungen in der ÖVP-Zentrale nicht verhindert zu haben.
Ein Sprecher Sobotkas weist das zurück, der Nationalratspräsident habe „niemals mit Pilnacek über laufende Verfahren, Ermittlungen oder Sicherstellungsanordnungen gesprochen“. Karl will „illegal aufgenommene Aufnahmen eines Verstorbenen„ nicht kommentieren. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker betont: Im Ibiza-U-Ausschuss habe Pilnacek unter Wahrheitspflicht gesagt, dass es „sicher keine Interventionen oder verfahrensbezogene Gespräche“ gegeben habe. Justizministerin Alma Zadić setzt dennoch eine Untersuchungskommission ein.
Klar ist: Das Tape belastet die Volkspartei und die Regierung politisch schwer.
Die grüne Abgeordnete Nina Tomaselli hat Pilnacek im U-Ausschuss jene Fragen gestellt, deren Antworten die ÖVP nun zur Entlastung heranzieht. Sie glaubt nicht, dass Sobotka und Pilnacek in Telefonaten vor Hausdurchsuchungen „nur über's Wetter“ gesprochen haben und würde einen U-Ausschuss zur Aufklärung begrüßen, wie sie im Chat mit profil-Redakteur Max Miller erklärt: |